Die Riesen-Seerose muss umziehen

Die geplante Erneuerung der Gewächshäuser im Botanischen Garten wirft deutliche Schatten voraus: Die Behelfs-Bauten, die als Ausweichquartiere während der Bauphase dienen, stehen bereits.

Als erstes sollen die Pflanzen des runden „Victoria-Hauses“ umziehen, benannt nach der prächtigen Victoria-Seerose. Während der Umbauphase sind die Pflanzen nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich. Höchste Zeit also, der Königin der Seerosen noch einmal einen Besuch in ihrem alten Reich abzustatten.

Victoria-Seerose, Blätter der Victoria-Seerose, Riesenseerose, Riesen-Seerose
Faszinierende Anpassung: Die derben Blätter enthalten luftgefüllte Rippen und Kammern, die für Auftrieb sorgen. Zwei gegenüberliegende Kerben im hochgewölbten Rand sorgen für den Abfluss von Regenwasser, ebenso wie winzige Poren in der Blattfläche.

Der Botanische Garten besitzt zwei Exemplare der Victoria-Seerose. Zur Zeit haben sie fast ihre maximale Größe erreicht. Anders als im heimatlichen Amazonasgebiet sterben die imposanten Blätter bei uns im Herbst nach und nach ab. Nach der Winterruhe treiben die Pflanzen im Frühjahr neue Blätter aus.

In der Natur werden die Blüten, die sich nur nachts öffnen, von Käfern bestäubt. Gelangt ein Käfer in die Blüte, schließt sie sich und hält das Insekt für etwa 24 Stunden gefangen. Hat der Käfer seinen unfreiwilligen Bestäubungsdienst geleistet, öffnet sich die Blüte in der folgenden Nacht wieder und gibt den Krabbler frei. Nach erfolgter Bestäubung färbt sich die vorher weiße Blüte lila.

Die Victoria-Seerose ist äußerst wehrhaft: Die Unterseiten der robusten Blätter und die Stengel sind mit zahllosen nadelspitzen Stacheln bewehrt, die Fressfeinde erfolgreich fernhalten. Auch den Unterwasser-Raum erobert sie komplett: Ihre riesigen Blätter verschatten das Gewässer nahezu lückenlos, sodass alle anderen Wasserpflanzen eingehen.

Ebenfalls im Victoria-Haus: Die spektakulären Blüten der Pfeifenwinde

Einen weiteren, wirklich außergewöhnlichen Blickfang bilden die Riesenblüten der brasilianischen Pfeifenwinde Aristolochia gigantea Mart.

Brasilianische Pfeifenwinde in Blüte,Aristolochia gigantea Mart. in Blüte
Die Blüte der Pfeifenwinde von vorne.
Brasilianische Pfeifenwinde in Blüte,Aristolochia gigantea Mart. in Blüte
Dieselbe Blüte von hinten.

Die Pfeifenwinde ist eine immergrüne Rankpflanze. Ihre imposanten Blüten werden bis 40cm (!) groß. Der gelbe Fleck auf der Vorderseite und ein spezieller Duft locken Fliegen an, die dann in den hellgrünen „Beutel“ auf der Rückseite gelangen. Durch abwärts gerichtete Borsten werden die Insekten zum Grund des Beutels geleitet. Hat dort durch das Insekt die Bestäubung stattgefunden, verdorren die Borsten; dadurch ist für das Insekt wieder der Weg nach draußen frei.

Im Victoria-Haus sind aktuell noch weitere attraktive Blüten zu bestaunen, z.B. die der Prächtigen Hakenlilie (Crinum augustum) aus Mauritius. Ein Besuch im Victoria-Haus lohnt sich also in jedem Fall — nicht nur bei mäßigem Wetter.