Stadtgrün – ungenügender Ersatz
Beispiel 1: Umgestaltung der Bahnhofstraße, Weststadt
Zustand vor der Umgestaltung …
… und nach der Umgestaltung
Zunächst fällt es schwer zu erkennen, dass es sich um die gleiche Straße handelt und die beiden Bilder vom selben Standort aus geschossen sind.
Orientierungshilfe gibt das schmale ziegelrote Mauerstück, das bei beiden Bildern ganz links am Bildrand erkennbar ist. Dabei handelt es sich um einen Teil des Zollamts. Durch die Neubauten (weiße Gebäude) wurde die Straßenflucht stark verengt.
Für die Umgestaltung wurden insgesamt 17 Bäume gefällt. Die Ersatzpflanzungen können die ursprünglichen Bäume allerdings nicht vollwertig ersetzen:
- In der Bahnhofstraße wurden nur 14 Bäume nachgepflanzt.
- Dabei handelt es sich um Platanen von „verkehrsgerechtem“ Wuchs.
Das heißt: Es sind alles Exemplare mit weit oben ansetzender, pyramidenförmiger Krone. Durch ihre schlanke Form ragen sie nicht in den engen Verkehrsraum hinein, spenden dadurch auch kaum Schatten. - Die neuen Bäume werden die üppigen Baumkronen der gefällten Bäume niemals erreichen.
Gegen die massive Bebauung, die Verschmälerung des Verkehrsraums und vor allem das Fällen der alten Bäume hatte die Bürgerinitiative „Lebendige Bahnhofstraße“ von 2007–2011 gekämpft – ohne Erfolg[1].
Bei der 2014 fertiggestellten Umgestaltung der Bahnhofstraße zwischen Römerkreis und Landhausstraße handelt es sich nur um den 1. Bauabschnitt der geplanten Gesamtumgestaltung der Bahnhofstraße. Für den Start des 2. Bauabschnitts zwischen Landhausstraße (Höhe Bauhaus s. Foto) und Rohrbacher Straße und rund um das Zollamt gibt es noch keinen Termin.
Der Wunsch der Stadt wäre es im Zuge der Umgestaltung des 2. Teils der Bahnhofstraße anstelle des Zollamts ein repräsentatives Gebäude als Blickfang für die Kurfürstenanlage zu errichten. Dem steht allerdings massiv entgegen, dass sich das Zollamt nicht im Besitz der Stadt Heidelberg befindet, sondern in dem des Bundes. Ob die Pläne für eine weitere Umgestaltung der Bahnhofstraße, wie sie einmal formuliert wurden, immer noch Bestand haben, ließ sich nicht ermitteln.[2]
Beispiel 2: Der Mathematikon-Gebäudekomplex
Zwar sind zwei der drei Gebäude klimafreundlich im Passivhausstandard gebaut – doch damit endet bereits das Umweltbewusstsein. Denn: Bei diesem wuchtigen Gebäude-Ensemble blieb die Einplanung von Grün fast komplett auf der Strecke.
Der Komplex aus drei Gebäuden wurde vor etwa 10 Jahren auf begrünten Parkplätzen erbaut; viele Großbäume mussten dafür gefällt werden. „Der Ersatz“ für das verlorene Grün besteht in lieblosen Pflanztrögen mit etwas Gras und kleinen Bäumchen, die niemals zu Großbäumen heranwachsen können, da ihnen durch die unterirdische Versiegelung (Tiefgarage) der Wurzelraum fehlt.
Zur Info:
Der Mathematikon-Komplex besteht aus drei Gebäuden: dem Bau A, dem eigentlichen „Mathematikon“. Dieser Gebäudeteil stellt für die Fakultät für Mathematik & Informatik Räume und Einrichtungen für Forschung und Lehre bereit.
Im Bau B gibt es Büro- und Laborräume, aber auch Gastronomie und Einzelhandel.
Bei dem Bau C schließlich handelt es sich um das Campus-Hotel, das vom Uniklinikum genutzt wird.
Ein Foto von den mit Bäumen bepflanzten Parkflächen, die später mit dem Mathematikon-Komplex bebaut wurden, findet sich im „stadtblatt“, 19. Jahrgang, Ausgabe Nr. 41 vom 12.10.2011, im Artikel: „Berliner Straße soll ein neues Gesicht bekommen: Geplant sind ein Campushotel, Geschäfte, Büros und das ‚Mathematikon'“.
Beispiel 3: Neubau der Firmenzentrale von Heidelberg Cement
Auch auf der Rückseite des üppig dimensionierten Gebäudes sieht es nicht viel besser aus: Viel Beton, wenig Grün.
Auf keinen Fall werden die schmalen Bäume zum Ersatz für die gefällten Großbäume heranwachsen, das liegt schon in der Natur ihrer Züchtung als „Säuleneiche“. Außerdem fehlt Platz im Boden durch die Tiefgarage darunter, das Wurzelwachstum ist zudem begrenzt durch die Wurzelsperre.
Die RNZ hat in ihrem Artikel „Heidelberg Cement bereitet den Neubau vor“ (vom 11.02.2017) die Rodung des Areals vor Baubeginn dokumentiert. Für den deutlich größeren Neubau mussten damals alle 25 großen Bäume auf dem Firmengelände gefällt werden. Laut dem Artikel hatte sich das Unternehmen damals verpflichtet als Ausgleichsmaßnahme „insgesamt 39 neue Bäume zu pflanzen: 24 Großbäume aus überwiegend heimischen Laubgehölzen direkt auf dem Baugrundstück und weitere 15 Obstbäume auf der städtischen Kohlhofwiese“. Die Pflanzung der versprochenen 24 Großbäume auf dem Firmengelände hat schon mal nicht geklappt; was mit der Pflanzung von 15 Obstbäumen auf der Kohlhofwiese ist, versuchen wir gerade zu recherchieren.
Zum Einblenden des RNZ-Artikels mit dem Foto der gefällten Großbäume klicken Sie hier.
Zum Nachlesen:
[1] Zur Bürgerinitiative „Lebendige Bahnhofstraße“ vgl. deren Website www.heidelberg-bewusst-bewegen.de/bi-lebendige-bahnhofstrase/ (25.05.2020). Auf der Website finden Sie auch ein Archiv in Sachen Argumente/Protest gegen die Umgestaltung der Bahnhofstraße.
[2]Vgl. dazu zuletzt Werner Popanda: „Wortgefechte um das Hauptzollamt-Areal Heidelberg im Bezirksbeirat“, in RNZ vom 05.12.2017; https://www.rnz.de/nachrichten/heidelberg_artikel,-bebauungsplan-kurfuerstenanlagebahnhofstrasse-wortgefechte-um-das-hauptzollamt-areal-heidelberg-im-bez-_arid,321348.html.