Ochsenkopf: Wertvoller Gehölzgürtel  geschreddert

Groß war das Entsetzen von Anwohnerschaft, Umwelt- und Naturschützenden, als Ende Februar 2023 ohne Vorankündigung Arbeiter „Am Großen Ochsenkopf“ anrückten und zügig begannen, den an die Wiese angrenzenden Gehölzstreifen niederzumachen. Weder Umweltamt noch Umweltbürgermeister waren im Vorfeld  darüber informiert. Sobald sie von dem stetig voranschreitenden Kahlschlag ins Bild gesetzt waren, stoppten sie die Arbeiten.

Zerstörter Lebensraum: Die Gehölze zwischen Straßenbahn- und Zuggleisen wurden zu drei Vierteln abgeholzt. (Zur Orientierung: unmittelbar links von den Gleisen liegt die Ochsenkopfwiese).
Einst: Dichter Bewuchs mit unterschiedlichen Gehölzen – wertvoller Lebensraum. Der Gehölzstreifen war für Menschen und Hunde unzugänglich, daher waren Lebewesen hier völlig ungestört.

Wie kam es dazu, dass der wertvolle Gehölzgürtel nun fast komplett plattgemacht ist?

Veranlasst hat die Arbeiten die RNV (Rhein-Neckar-Verkehr GmbH). Sie hat ein Unternehmen mit der Entfernung der Vegetation beauftragt, um Vermessungsarbeiten durchführen zu können. Die RNV plant auf dem Gelände, das zwischen Straßenbahn und Zuggleisen liegt, künftig eine Abstellanlage für Straßenbahnen einzurichten. Ein entsprechender Beschluss des Gemeinderats vom 23.07.2021 hat dieses Vorhaben gebilligt.

Der Knackpunkt

Doch der Knackpunkt ist nun folgender: Im Oktober 2020 hatte der Gemeinderat nach jahrelangem Tauziehen beschlossen, den „Großen Ochsenkopf“ endgültig von einer Gewerbe- zu einer Grünfläche umzuwidmen. Der offizielle Verwaltungsakt erfolgte mit fast 2-jähriger Verspätung erst im Juli 2022. Für die Naturschutzverbände bezieht sich diese Umwidmung fraglos auch auf den Gehölzstreifen. Dessen Bedeutung als vielfältiges Biotop hoben Rainer Zawatzky vom BUND und Andreas Kellner, Vorsitzender des NABU, noch einmal hervor. „Dort gab es Bodenbrüter, Amphibien, Eidechsen – deren Lebensgrundlage ist nun unwiderruflich zerstört“, so Kellner.

Kritische Stimmen verweisen darauf, dass eine Beschlussvorlage vom Juli 2021, in der es um die Zustimmung zu der Abstellanlage auf der Fläche des Gehölzstreifens ging, missverständlich formuliert war – das Stichwort „Ochsenkopfwiese“, bei dem viele sicher hellhörig geworden wären, blieb nämlich unerwähnt. Es war die Rede von einer dezentralen Abstellanlage „bei der Haltestelle Berufsschule in Wieblingen“, für die „das alte OEG-Gleis in Höhe des Berufsförderungswerkes genutzt werden solle“. Kaum einer der Gemeinderäte dürfte bei der Abstimmung an den Gehölzstreifen an der Ochsenkopfwiese gedacht haben.

Strafanzeige gegen die RNV

NABU und BUND haben wegen Zerstörung eines Biotops und fehlender artenschutzrechtlicher Prüfung Strafanzeige gegen die RNV gestellt. Hinzukommt der Verstoß gegen das Heckenschneideverbot in der Vegetationszeit zwischen 1. März und 30. September.

Update:

Am 23.3.2023 protestierten gut 50 Personen vor dem Rathaus für eine Bewahrung des gesamten Areals „Großer Ochsenkopf“. Das Bündnis „Klimaschutz Großer Ochsenkopf“, Nabu, BUND und Bunte Linke hatten die Kundgebung organisiert. Neben der Rodung des Gehölzstreifens richtet sich der Protest auch gegen das ebenfalls geplante Abknapsen einer weiteren Teilfläche zugunsten einer Erweiterung der Heidelberg International School. S. dazu auch den Artikel von Leon Kaessmann: Wieder Streit um den Ochsenkopf, in: RNZ vom 24.3.2023.

PETITION:

Petition „Bündnis für Bürgerentscheid Klimaschutz Heidelberg“ für den uneingeschränkten Erhalt der Ochsenkopfwiese (Link auf der Website des Bündnisses).


Zum Nach- und Weiterlesen:

Sebastian Riemer: „Kahlschlag ohne Vorwarnung„, in: RNZ vom 3.März 2023.

Website der Stadt Heidelberg: „23.07.2021 Betriebshof wird an der Bergheimer Straße neugebaut“.

Mehr zum vorausgegangenen Tauziehen um die Wiese am Ochsenkopf finden Sie hier.