Dürre geht den Stadtbäumen an die Substanz

Lange haben sie durchgehalten, die alten Platanen. Doch nun geht es auch bei ihnen ans Eingemachte: Sie werfen im großen Maßstab Blätter ab.

Die Platanen sind nicht die einzigen Bäume, die nun „überflüssige“ Blätter abwerfen. Dies ist eine durchaus sinnvolle Reaktion auf die wochenlange Trockenheit. Denn so müssen weniger Blätter mit Wasser versorgt werden, die Verdunstung wird herabgesetzt. Doch der Blattfall zeigt: Auch die alten Bäume, die über ein weit verzweigtes Wurzelsystem verfügen, sind im Stress.

Platane mit Laubfall im Sommer, dürre Blätter um den Stamm einer Platane, Blattfall im Sommer wegen Dürre
Laubfall wie im Herbst – und das Anfang August: Platanen in der Grünanlage am Römerbad/Ernst-Walz-Brücke.
Platane mit Laubfall im Sommer, dürre Blätter um den Stamm einer Platane, Blattfall im Sommer wegen Dürre
Trotz des ausgeprägten Laubfalls besteht noch (!) gute Aussicht, dass die Bäume im Frühjahr wieder austreiben. Denn: Die Platanen haben da, wo vorher die Blätter saßen, vitale Knospen ausgebildet.

Noch schlechter ergeht es den jungen und heranwachsenden Bäumen. Sie leiden immer als erste unter Trockenheit. Denn ihr Wurzelsystem reicht noch nicht aus, um tief im Boden auch noch das allerletzte Bisschen Feuchtigkeit aufzuspüren.

Das Landschafts- und Forstamt versucht nach Möglichkeit, „jeden einzelnen der 50.000 Bäume im Stadtgebiet“ mit laufenden Gießeinsätzen im Zwei-Schichtbetrieb durchzubringen. Aber das klappt nicht immer, denn Kräfte und Mittel sind begrenzt. Täglich vergießt das Team des Landschafts- und Forstamtes nach eigenen Angaben rd. 300.000 Liter. Der weit überwiegende Teil des Wassers stammt aus dem Neckar, einen kleinen Anteil steuert der Teich der Stadtgärtnerei bei.

Besonders übel sind Stadtbäume dran, die nur mit sehr wenig Erde auskommen müssen. Beispiel: die Baumreihe auf der Tiefgarage in der Poststraße. Hier müssen die Bäume mit einer dünnen Erdauflage über der Betondecke der Tiefgarage auskommen, mehr hat man ihnen als „Lebensraum“ nicht zugestanden. Hier nützt auch gießen nichts, denn es ist kaum Boden vorhanden, der das Wasser aufnehmen und speichern könnte. Diese lieblose Behandlung rächt sich jetzt bitter: Alle Bäume auf der Tiefgarage sind tot.

Sommerliche Dürre hat Stadtbäume vertrocknen lassen, vertrocknete Stadtbäume
Abgestorbene Bäume auf der Tiefgarage in der Poststraße.
Sommerliche Dürre hat Stadtbäume vertrocknen lassen, vertrocknete Stadtbäume
Auch auf der gegenüberliegenden Seite der Tiefgarage Poststraße zeigt sich das gleiche triste Bild.
Wässerung eines Baums mit der Wasserlanze, Gießen von Stadtbäumen, Wässerung von Stadtbäumen, Tankwagen, Gießlanze
Große Bäume werden mit der sog. Wasserlanze gewässert. Sie bringt das Wasser ca 1,5 m tief in den Boden direkt zu den Wurzeln.
Wässerung eines Baums mit der Wasserlanze, Gießen von Stadtbäumen, Wässerung von Stadtbäumen, Gießlanze
Hier, bei den alten Linden am Werderplatz, war vor Kurzem die Wasserlanze im Einsatz.

Wasser marsch … wer gießen kann und will, soll das tun!

Zwar kann man einen großen Stadtbaum nicht wirklich „gießen“, denn er benötigt mehrere hundert Liter am Tag. Andererseits gilt aber auch: Jeder Liter hilft!

  • Am einfachsten ist es, einen vorhandenen Bewässerungssack aufzufüllen.
  • Auch Bäume in Hochbeeten oder Pflanzcontainern lassen sich von privat gut bewässern.
  • Beim Wässern von Bäumen sollte man laut Dr. Baader, dem Leiter des Landschaftsamts, jüngere Bäume bevorzugen, denn nur bei ihnen besteht die Aussicht, dass das Gießwasser wirklich bis zu ihren Wurzeln vordringt. Bei Großbäumen dagegen verdunstet oberflächlich aufgebrachtes Gießwasser, ohne dass es die Wurzeln tief im Boden erreicht – es sei denn es ist ein Bewässerungssack vorhanden, durch den das Wasser ganz langsam in den Boden hineintröpfelt.

Was ist mit Gießpatenschaften?

Gießpatenschaften steht das Landschafts- und Forstamt sehr skeptisch gegenüber. Man befürchtet, mangelnde Verbindlichkeit oder Zuverlässigkeit zum Nachteil der den Gießpaten anvertrauten Pflanzen. Daraufhin war vorgeschlagen worden, eine Koordinationsstelle für Gießpatenschaften einzurichten. Für diese Stelle aber müssten erst Mittel beantragt werden usw. Das klingt sehr nach den typischen Totschlagargumenten „zu kompliziert, zu teuer“. Doch warum nicht Initiativen aus der Bevölkerung nutzen? In anderen Städten klappt das doch auch.

Beispiel Nürnberg: Hier wurden Gießpatenschaften mit Entnahmemöglichkeiten aus den Hydranten eingerichtet.

Auch in Leipzig, Dresden, Berlin („gießdenkiez“) oder Münster („Münster schenkt aus“) erprobt man unterschiedliche Modelle, nach denen die Bürger und Bürgerinnen sich am Gießen „ihrer“ Stadtbäume und ihres Stadtgrüns beteiligen können.


Zum Nach- und Weiterlesen:

Andreas Roloff: Trockenstress-Anpassung bei Bäumen: Einflussfaktoren, Kriterien, Mechanismen, Bewertung. Pro Baum 2/2020.

Holger Buchwald: „Die Wiese darf verdursten, die Bäume nicht“, RNZ vom 13.08.2022.

„Gießgruppen löschen den Durst der Bäume“ Artikel im „enorm“-Magazin vom 19.08.2021 über die Initiative „Leipzig gießt“.